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Unterlassene Hilfeleistung: Was besagt Paragraph 323c StGB?

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Welche Konsequenzen drohen bei unterlassener Hilfeleistung?

Unterlassene Hilfeleistung: Welche Strafe droht?
Unterlassene Hilfeleistung: Welche Strafe droht?

Nicht jede Straftat, welche die deutsche Rechtsordnung regelt, ist zwangsläufig eine solche, die eine aktive Begehungsweise vorsieht. Daneben gibt es sogenannte Unterlassungsdelikte, bei denen sich die Strafbarkeit einer Person daraus ergibt, dass sie in einer bestimmten Situation, beispielsweise nach einem Unfall mit Personenschaden, nicht gehandelt hat.

In unserem Ratgeber erläutern wir Ihnen den Straftatbestand „Unterlassene Hilfeleistung“ im Sinne des Strafgesetzbuches (kurz: StGB). Dabei werden Fragen beantwortet wie: „Was ist unterlassene Hilfeleistung? Welche Voraussetzungen erfordert der Tatbestand nach deutschem Strafrecht? Welche Strafen drohen laut Gesetz und wann tritt Verjährung ein?“

FAQ: Unterlassene Hilfeleistung

Wie wird unterlassene Hilfeleistung definiert?

Als Nicht-Eingreifen in einer Notlage, also eine Situation, in der eine erhebliche Gefährdung für eine Person oder eine Sache von bedeutendem Wert besteht.

Wie wird unterlassene Hilfeleistung bestraft?

Mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Kann der Tatbestand “unterlassene Hilfeleistung” verjähren?

Ja, die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt drei Jahre. Die Vollstreckungsverjährung tritt nach fünf Jahren ein.

Video: Alles wichtige zur Hilfeleistung!

Video: Unterlassene Hilfeleistung
Video: Unterlassene Hilfeleistung

Was bedeutet unterlassene Hilfeleistung?

StGB: § 323c regelt die unterlassene Hilfeleistung.
StGB: § 323c regelt die unterlassene Hilfeleistung.

Unterlassene Hilfeleistung, gesetzlich normiert in § 323c StGB, ist ein sogenanntes echtes Unterlassungsdelikt. Dieses ist im Gegensatz zu den unechten Unterlassungsdelikten ausdrücklich als Unterlassungstat geregelt.

Sinn und Zweck der Norm ist es, eine allgemeine Solidaritätspflicht zu sichern. Jeder Mensch, der dazu in der Lage ist, Hilfe zu leisten, soll dies tun, sofern sich ein Unglücksfall ereignet.

Die Strafe für unterlassene Hilfeleistung liegt bei einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe. Es handelt sich hierbei mithin um ein Vergehen und nicht etwa um ein Verbrechen. Letzteres ist eine Straftat, die in ihrem Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder höher sanktioniert wird. Liegt der Strafrahmen unterhalb dessen, ist von einem Vergehen die Rede. In § 323c StGB heißt es in Absatz 1:

Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Wussten Sie schon? Die meisten Delikte können gemäß § 13 StGB auch als unechtes Unterlassungsdelikt verwirklicht werden.

Unterlassene Hilfeleistung gemäß StGB: Voraussetzungen der Straftat

Die Voraussetzungen bei unterlassener Hilfeleistung lauten wie folgt: Zunächst muss ein Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder Not vorliegen. Bei einem Unglücksfall handelt es sich um ein Ereignis, welches die unmittelbare Gefahr eines erheblichen Schadens für eine andere Person oder eine Sache von bedeutsamem Wert mit sich bringt. Ein Schaden muss jedoch noch nicht eingetreten sein. Eine gemeine Gefahr umschreibt eine konkrete Gefahr für eine unbestimmte Anzahl von Menschen oder Sachen bedeutsamen Wertes. Gemeine Not meint eine die Allgemeinheit betreffende Notlage.


Weitere Voraussetzung für eine unterlassene Hilfeleistung ist, dass eine helfende Handlung ausgeblieben ist, obwohl eine solche erforderlich und zumutbar war. Erforderlichkeit bedeutet, dass die Hilfeleistung geeignet und notwendig ist, um die drohende Gefahr abzuwenden. An der Zumutbarkeit würde es fehlen, wenn sich der Betroffene selbst in eine erhebliche Gefahrenlage versetzen oder andere wichtige Pflichten verletzen würde. Ferner setzt die unterlassene Hilfeleistung beim Täter Vorsatz voraus, was ein Wissen und Wollen zur Tatbestandsverwirklichung bedeutet.

Übrigens: Entgegen dem Irrglauben vieler existiert der Straftatbestand „Unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge“ nicht. Ein derartiges Delikt ist im StGB nicht normiert.

Wann verjährt die unterlassene Hilfeleistung?

Die meisten Straftaten unterliegen einer Verjährung. Begrifflich sind Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung voneinander abzugrenzen.

Das Strafgesetzbuch sieht für unterlassene Hilfeleistung verschiedene Voraussetzungen vor.
Das Strafgesetzbuch sieht für unterlassene Hilfeleistung verschiedene Voraussetzungen vor.

Verfolgungsverjährung bedeutet, dass eine Tat nach dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne nicht mehr verfolgt werden kann. Polizei und Staatsanwaltschaft können keine Ermittlungen mehr einleiten oder durchführen. Gesetzlich geregelt ist die Verfolgungsverjährung in § 78 und folgende StGB. In Gang gesetzt wird die Frist ab dem Zeitpunkt der Beendigung einer Tat bzw. ab dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolges.

Vollstreckungsverjährung meint, dass eine gerichtlich verhängte Strafe nicht zeitlich unbegrenzt vollstreckt werden kann. Sie findet ihre gesetzliche Grundlage in § 79 StGB.

Gemäß StGB unterliegt die unterlassene Hilfeleistung ebenfalls einer Verjährung. Die Frist zur Verfolgungsverjährung beträgt in dem Fall drei Jahre, was sich aus § 78 Absatz 3 Nummer 5 StGB ergibt. Maßgeblich ist hierbei das jeweilige Höchstmaß einer Strafe, was im Falle des § 323c StGB ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt.

Vollstreckungsverjährung tritt ferner nach fünf Jahren ein. Zu entnehmen ist dies aus § 79 Absatz 3 Nummer 4 StGB. Dese Frist richtet sich nach der Höhe der verhängten Strafe im Einzelfall.

Muss ich zu einem Rechtsanwalt?

Unterlassene Hilfeleistung unterliegt der Verjährung.
Unterlassene Hilfeleistung unterliegt der Verjährung.

Wird einer Person nach einem Unfall unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen, stellt sich womöglich die Frage danach, ob der Weg zu einem Anwalt für Strafrecht vonnöten ist. Ein Muss ist dieser freilich nicht. Dennoch kann er sich in vielfacher Hinsicht als vorteilhaft erweisen.

Zum einen kann der Anwalt Akteneinsicht beantragen und das bereits im Ermittlungsverfahren, zum anderen kann er eine entsprechende Strategie zur Strafverteidigung erarbeiten. Immerhin drohen für die unterlassene Hilfe in Unglücksfällen anderer nicht unbeachtliche Strafen, weswegen der Vorwurf tunlichst nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Unbedachte und unüberlegte Äußerungen sollten im Rahmen einer polizeilichen oder richterlichen Vernehmung nicht getätigt werden.

Oft ist es klüger, erst einmal zu den Vorwürfen zu schweigen und einen erfahrenen Rechtsanwalt zu befragen. Welche Vorgehensweise am besten ist, um einen Freispruch oder ein vergleichsweise glimpfliches Urteil zu erwirken, kann er Ihnen sagen.

Unterlassene Hilfeleistung: Beispiele

Beispiele für eine unterlassene Hilfeleistung gibt es zahlreiche. Klassische Situationen sind die, in denen eine Person aufgrund eines Unfalls verletzt wurde und ein vorbeigehender Passant bleibt tatenlos, ohne Erste Hilfe zu leisten oder Rettungskräfte zu alarmieren.

Ebenso kommt die unterlassene Hilfeleistung in Betracht, wenn Zeugen einer Körperverletzung die oben geschilderten Maßnahmen nicht ergreifen, obwohl sie dazu ohne Weiteres in der Lage gewesen wären.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich zum Tatbestand „Unterlassene Hilfeleistung“ Folgendes festhalten:

  • Unterlassene Hilfeleistung ist ein echtes Unterlassungsdelikt.
  • Dem Unterlassenden muss ein Einschreiten bei einem Unglücksfall ohne erhebliche Eigengefährdung möglich gewesen sein.
  • Gesetzlich verankert ist das Vergehen in § 323c StGB.
  • Die Tat wird mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet.
  • Nach drei Jahren tritt Verfolgungsverjährung ein, nach fünf Jahren Vollstreckungsverjährung.

Über den Autor

Autor
Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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