Verkehrssünde ist nicht gleich Verkehrssünde. Neben Rotlichtverstößen, Falschparken oder Geschwindigkeitsüberschreitungen, die allesamt mit Bußgeldern und/oder Punkten im Flensburger Fahreignungsregister sanktioniert werden, gibt es sogenannte Verkehrsstraftaten. Die Konsequenzen, die ein Täter dabei zu tragen hat, sind weitaus einschneidender als die bei bloßen Ordnungswidrigkeiten.
Im Falle von schwerwiegenden Taten bzw. nach wiederholtem Begehen kann einem Täter neben der Verhängung einer Geldstrafe sogar eine Freiheitsstrafe drohen. Doch was ist eine Freiheitsstrafe eigentlich? Welche Bedeutung hat es für einen Straftäter, eine Haftstrafe verbüßen zu müssen? Bei welchen Verkehrsstraftaten kann sie verhängt werden? Was ist eine Haftstrafe auf Bewährung und was ist unter dem Begriff „offener Vollzug“ zu verstehen? Diesen und weiteren Fragen widmet sich der folgende Ratgeber.
Inhalt: Freiheitsstrafe – eine mögliche Sanktion nach Verkehrsstraftaten
Was ist eine Freiheitsstrafe?
Unter dem Begriff der Freiheitsstrafe ist zunächst eine Form staatlicher Sanktionen zu verstehen, die verhängt wird, um eine begangene Straftat zu sühnen. Sie kann ausschließlich durch ein staatliches Gericht ausgesprochen werden. Im Wesentlichen besteht die Strafe im Freiheitsentzug einer Person. In Deutschland ist die lebenslange Freiheitsstrafe bzw. Haftstrafe die schärfste Form der Sanktionierung von Delikten.

Die Freiheitsstrafe kann unterschiedlich lang ausfallen und von wenigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren reichen. Dabei ist stets die Schwere der begangenen Tat von Belang. Zudem spielen die Täterpersönlichkeit, sein soziales Umfeld, die bisherige strafrechtliche Historie sowie die Einsichtsfähigkeit des Täters eine maßgebliche Rolle.
Wussten Sie schon?
Ein Verbrechen ist eine Straftat, die in ihrem Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht wird. Liegt der Strafrahmen unterhalb dessen, ist von einem Vergehen die Rede.
Je nach Straftatbestand sieht das Strafgesetzbuch (kurz: StGB) ein bestimmtes Strafmaß vor. Dieses legt fest, wie hoch eine mögliche Freiheitsstrafe ausfallen kann und ob zudem die Option einer Geldstrafe vorgesehen ist. In der Regel gibt das StGB das jeweilige Mindest- und Höchstmaß der Strafe vor.
Beim Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, umgangssprachlich auch Fahrerflucht genannt, legt der Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe fest. Nachträglich kann man eine verhängte Haftstrafe übrigens nicht in eine Geldstrafe umwandeln.
Hintergrund der Freiheitsstrafe
Bis zur großen Strafrechtsreform im Jahr 1969 gab es verschiedene Formen der Freiheitsstrafe. Dabei stellte die schärfste Form der Freiheitsentziehung die sogenannte Zuchthausstrafe dar. Sie wurde für Verbrechen verhängt und betrug eine Mindestdauer von einem Jahr sowie eine mögliche Höchstdauer von 15 Jahren. In gesetzlich festgelegten Fällen war auch die Verurteilung zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe möglich.
Etwas weniger schwerwiegend war die sogenannte Gefängnisstrafe, welche mindestens einen Tag und höchstens fünf Jahre andauern konnte. Hierbei sollten die Inhaftierten angemessen beschäftigt werden.
Im StGB wurde die Festungshaft 1953 durch die sogenannte Einschließung ersetzt, die dann wiederum im Jahr 1969 die Einführung der Freiheitsstrafe ablöste. Die Aufteilung in die verschiedenen Formen der Freiheitsstrafe wurde ferner abgeschafft.
Höchst- und Mindestmaß der Freiheitsstrafe
Im deutschen Strafrecht ist das Höchstmaß einer Freiheitsstrafe die lebenslange Freiheitsstrafe. Sie wird für schwerste Verbrechen wie Mord verhängt.
Lediglich die sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe kann weniger als einen Monat lang andauern. Diese Form von Strafe wird vollzogen, wenn der verurteilte Täter eine vom Gericht verhängte Geldstrafe nicht geleistet hat. Allerdings ist eine “normale” Freiheitsstrafe, die weniger als sechs Monate dauern soll
(= sogenannte kurze Freiheitsstrafe), nur in Ausnahmefällen zu verhängen. Dies wiederum ergibt sich aus § 47 Absatz 2 StGB. Darin heißt es:
Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen.
Der Sinn der Vorschrift besteht darin, dass ein Täter für den eine Freiheitsstrafe von nur wenigen Monaten als angemessen erscheint, nur in Ausnahmefällen aus seinem sozialen Gefüge gerissen und den negativen Auswirkungen des Strafvollzuges auf seine Persönlichkeit ausgesetzt werden soll. Ferner kann ein derartig geringer Zeitraum des Strafvollzuges eine Resozialisierung überhaupt nicht im gewünschten Maße bezwecken. In derartigen Fällen soll eine Geldstrafe einer kurzen Freiheitsstrafe gegenüber grundsätzlich Vorrang haben.
Was bedeutet lebenslange Freiheitsstrafe?
In § 38 Absatz 1 StGB wird die lebenslange Freiheitsstrafe als Ausnahme zur zeitigen Freiheitsstrafe definiert. Obschon der Wortlaut etwas anderes vermuten lässt, bedeutet die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe in Deutschland nicht wirklich, dass diese lebenslänglich verbüßt wird.
Grundsätzlich liegt dem aber der verfassungsrechtlich relevante Gedanke zugrunde, dass es jedem Straftäter, selbst dem verurteilten Mörder möglich sein muss, sich wieder zu resozialisieren.
Diese Form von Freiheitsentzug dient dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern. Sie hat somit ausschließlich eine präventive Funktion. Im Gegensatz zur Freiheitsstrafe wird bei der Sicherungsverwahrung einzig an die Gefährlichkeit des Straftäters angeknüpft, die in einer Untersuchung durch das Gericht festgestellt wird und sich zuvor auch in einer besonders schweren Tat niedergeschlagen haben muss.
Wie die Freiheitsstrafe auch, wird die Sicherungsverwahrung in einer allgemeinen Justizvollzugsanstalt vollzogen. Dabei werden dem Sicherungsverwahrten jedoch Hafterleichterungen gegenüber den Strafgefangenen gewährt.
Bei welchen Verkehrsdelikten droht eine Freiheitsstrafe?
Verkehrsstraftaten sind nach deutschem Strafrecht solche Straftatbestände, die einen Bezug zum öffentlichen Straßenverkehr haben.
Hierzu zählen unter anderem die folgenden Delikte, die in ihrem Strafmaß allesamt neben der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe vorsehen:
- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort („Fahrerflucht“) gemäß § 142 StGB
- Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB
- Vollrausch gemäß § 323a StGB
- Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315b StGB
- Fahren ohne Fahrerlaubnis bzw. Fahren trotz bestehenden Fahrverbotes gemäß § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (kurz: StVG)
- Kennzeichenmissbrauch gemäß § 22 StVG
Zweck der Freiheitsstrafe
Bei der Frage nach der Bemessung der Strafdauer werden neben den Aspekten der Schwere der Tat oder der Persönlichkeit des Täters durch das Gericht stets auch die Strafzwecke berücksichtigt. Dabei spielt neben dem Gedanken der Sühne nicht zuletzt auch der einer Resozialisierung eine maßgebliche Rolle. Darunter ist die Möglichkeit einer Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu verstehen. Dieser grundsätzlichen Chance darf kein Straftäter gänzlich und von vornherein beraubt werden.
§ 2 des Strafvollzugsgesetztes (kurz: StVollzG) besagt, dass im Vollzug der Freiheitsstrafe der Gefangene fähig werden soll, in Zukunft in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Ferner dient die verhängte Freiheitsstrafe dem Zweck, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.
Was bedeutet Freiheitsstrafe auf Bewährung?
Neben der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann das Gericht außerdem eine Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzen. Doch was heißt Freiheitsstrafe auf Bewährung überhaupt?
Gemäß § 56a Absatz 1 StGB darf diese fünf Jahre nicht über- und die Dauer von zwei Jahren nicht unterschreiten. Bei einer Bewährungsstrafe handelt es sich sozusagen um eine Haftstrafe ohne Vollzug.
Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist nur bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren möglich. Ferner muss für den Straftäter eine günstige Sozialprognose bestehen, was bedeutet, dass zu erwarten sein muss, dass er sich künftig auch ohne die Vollstreckung der Haftstrafe straffrei verhalten wird.
Verstößt der Täter gegen die Auflagen, kann die Bewährung widerrufen werden und es kommt zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe, und zwar in voller Länge.
Aussetzen des Strafrests
Kommt es zur Vollstreckung einer Haftstrafe, besteht die Möglichkeit (unter Wahrung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit und unter Zustimmung des Strafgefangenen selbst), dass dieser nach dem Verbüßen von zwei Dritteln seiner Strafe vorzeitig aus der Haft entlassen wird. Der Strafrest wird in diesem Fall dann zur Bewährung ausgesetzt.
Die Möglichkeit, den Strafrest auszusetzen, ist nicht nur bei der bereits oben erwähnten lebenslangen Freiheitsstrafe möglich. Hierbei sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen wie etwa die Persönlichkeit des Gefangenen, seine strafrechtliche Vorgeschichte, die Gesamtumstände der Tat, das Verhalten des Täters während dem bisherigen Verbüßen der Freiheitsstrafe und sein soziales Umfeld.
Offener Vollzug
Bei dieser Form der Strafe werden im Gegensatz zur Freiheitsstrafe im geschlossenen Vollzug stark verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen des verurteilten Täters getroffen.
Hierbei muss sich der Verurteilte freiwillig in ein System der Selbstdisziplin einordnen. In der Praxis ist der offene Vollzug so ausgestaltet, dass der Gefangene morgens die Haftanstalt verlassen darf, um seiner geregelten Beschäftigung nachzugehen und abends unverzüglich zurückkehrt.
Der offene Vollzug ist gesetzlich in § 10 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (kurz: Strafvollzugsgesetz des Bundes – StVollzG) geregelt. Paragraph 1 besagt:
Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden, wenn er den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügt und namentlich nicht zu befürchten ist, dass er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauchen werde.
Je nach Bundesland sind an diese Form von Freiheitsstrafe unterschiedliche Maßstäbe angesetzt. Dabei lässt sich beobachten, dass die südlichen Bundesländer wie
Eine Freiheitsstrafe im offenen Vollzug ist namentlich nicht in Betracht zu ziehen für suchtkranke oder fluchtgefährdete Personen oder bei Gefangenen, die bereits in der Vergangenheit Vollzugslockerungen wie beispielsweise Ausgang und Urlaub missbraucht haben.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich mithin festhalten:
- Bei Verkehrsdelikten drohen einem Täter anders als bei Ordnungswidrigkeiten nicht nur Punkte in Flensburg oder Führerscheinentzug, sondern unter Umständen auch eine Geld- oder Freiheitsstrafe.
- Die Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden.
- Möglich ist auch eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung.
- Eine zeitige Freiheitsstrafe darf höchstens 15 Jahre und mindestens einen Monat lang sein.
- Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten (kurze Freiheitsstrafe) wird nur in Ausnahmefällen verhängt.
- Jeder verurteilte Straftäter hat das verfassungsrechtlich verankerte generelle Recht aus Resozialisierung.
- Die Freiheitsstrafe ist nicht mit der Sicherungsverwahrung zu verwechseln. Letzteres ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung, welche die Allgemeinheit vor der Gefährlichkeit eines Straftäters schützt.
- Je nach Schwere des Deliktes und der Persönlichkeit eines Täters besteht auch die Möglichkeit, eine Freiheitsstrafe im offenen Vollzug zu verbüßen. Die Voraussetzungen daran sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
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